Am Wochenende, Samstag um genau zu sein, ging eine Ära zu
Ende. Ich habe das Heft „Schach der Finsternis“ von Kurt Mahr zu Ende gelesen.
Und damit das letzte von mir ungelesene Heft der Perry Rhodan Serie. Nun ja,
fast. Doch dazu gleich mehr.
Es begann alles 1976 oder 1977, als ein Schulfreund mich mit
Perry infizierte. Ich blieb ein Jahr dabei und las in der Zeit den Dritte-Macht-Zyklus und die Hefte 821 bis 900. Dann wurde ich zu „erwachsen“ dafür. Als ich ca.
11 Jahre später in unserem Real-Markt von der vierten Auflage die Nummer 650
entdeckte, griff ich sofort zu und fing wieder an zu lesen. Kurz darauf erschien
in der ersten Auflage die 1500 und ab da las ich parallel.
Kurz darauf konnte ich meine Sammlung auf einen Schlag
komplettieren und las und las und las. Anfangs noch viel, später dann nur noch
im Schnitt ein Heft pro Woche. Plus die aktuellen Hefte der Erstauflage.
Grund für die Verlangsamung war neben anderen Zeitfressern,
dass es gerade ab den 1200er Heften mühseliger wurde. Ich wollte aber nicht
(wie bei so vielen Dingen) mittendrin aufhören und hatte mir zum Ziel gesetzt,
diesmal bis zum bitteren Ende dabei zu bleiben. Endlich hatte ich die Nummer 1500
erreicht. Allerdings fehlten ja noch die Hefte 50 -650. Ich stieß also weit in
die Serienvergangenheit vor und begann, die ganz alten Zyklen zu lesen. Aber damit
wurde es nicht einfacher. Auch wenn es einige gute Hefte gab, war das ganze
doch oft zäh und mühsam. Selbst der so hoch gelobte MdI-Zyklus riss mich nicht
wirklich vom Hocker. Ganz schlimm wurde es mit den Cappins.
Mit dem Schwarm wurde es zwar langsam besser, aber an die
glorreichen Jugenderinnerungen konnte nichts heranreichen. Besonders schlimm waren die Hefte von Hans Kneifel. Ich muss
zugeben, dass ich viele von ihm nur noch quer gelesen habe.
Als ich dann Samstag das letzte Heft aus der Hand legte, war
es wirklich, als fiele eine schwere Last von meinen Schultern. Endlich frei.
Endlich Zeit, auch mal was anderes als Perry zu lesen (naja und meine aus der
Midlife-Crisis stammenden Comic-Anschaffungen – aber das ist eine andere
Geschichte). Zwar will ich ja immer noch bis zum Ende dabei bleiben, sprich die
aktuellen Hefte weiter lesen (auch da bin ich im Moment etwas im Rückstand,
deswegen habe ich in der Tat derzeit noch nicht ALLE Hefte gelesen), aber das
lässt ja trotzdem Raum für andere Sachen – hoffe ich. Wie ich außerdem hoffe,
dass die Serie nicht mehr allzu lange läuft 😜.
Was hab ich an Aufwand reingesteckt? Nun, brutto waren es ca.
17 Jahre und netto 174.000 Minuten (bei geschätzt zwei Stunden pro Heft) an
Lesezeit, was immerhin 120 Tagen entspricht. Hm, soviel war‘s dann gar nicht.
Warum zum Leticron hab ich da 17 Jahre für gebraucht????
Hat es sich denn gelohnt? War es gut investierte Zeit? Ja
und nein. Ja, es hat sich gelohnt, weil ich jetzt endlich sagen kann, ich kenne
sie alle. Nein, es hat sich nicht gelohnt, weil auf zu wenige Perlen zu viele
Krampen kamen. Auch hatte ich damals die Hoffnung, wenn ich alles gelesen habe,
könnte ich den großen Bogen erkennen. Schon beim Schwarmzyklus sehen „aah, da
ist der Grundstock, deswegen passt das so gut zu den sieben Mächtigen“. Die
Hoffnung hatte aus zwei Gründen getrogen. Erstens war mein Gedächtnis so
schlecht, dass ich Details längst nicht mehr erinnerte und allein deswegen
keinen Bogen und Verknüpfungen erkennen konnte. Und zweitens, weil der Bogen am
Beginn gar nicht existierte.
Ja, Willi Voltz begann im Schwarmzyklus z.B. die Cynos und
Kytoma einzuflechten. Und dass Ganerc-Callibso schon im ES/Anti-ES-Zyklus
auftauchte, war auch eine nette Überraschung. Aber ich hatte doch das Gefühl,
dass der ganz große Background auch für den Schöpfer noch nicht erkennbar war.
Allerdings muss ich zugeben, dass gerade diese genannten
Punkte schöne Beispiele für langfristig aufgebaute Geheimnisse und Bögen sind,
die mir an der aktuellen Handlung stark abgehen. Mal etwas über mehrere Zyklen
aufbauen, um es dann mit der aktuellen Handlung zu verknüpfen. Das fände ich
gut.
Kurz nachdem ich ausgelesen hatte und die letzten Hefte in
die Sammelmappen räumte, um sie in den Keller zu tragen, hatte ich ganz kurz
den Impuls „Soll ich nicht doch jetzt nochmal weiterlesen? Von 650 bis 1500?
Oder zumindest bis 900?“.
Immerhin war das – in meinen Augen – die Glanzzeit der
Serie. Die Laren, Aphilie, Superintelligenzen, Molekülverformer, die einsame Erde.
So viele Handlungsstränge und alle miteinander mit leichter Hand verknüpft.
Schließlich siegte doch die Vernunft. Zum einen hatte ich ja
alles schon mal gelesen. Und zum anderen wusste ich, dass ich diesmal noch
enttäuschter sein würde. Ich hatte vor einiger Zeit meinen absoluten Favoriten
(„BARDIOC“) noch einmal gelesen. Und war etwas deprimiert. Ja, der Roman war
nicht schlecht. Aber dieses Flair, das er beim ersten Lesen verbreitet hatte,
wollte sich nicht mehr einstellen. Im Gegenteil fielen mir einige Details auf,
die Willi einfach schlampig ausgearbeitet hatte.
Und diese „Enttäuschungen“ würden jetzt mit Sicherheit bei
noch vielen anderen Romanen auftreten. Man (=ich) ist viel abgeklärter, hat
schon etwas mehr Durch- und Überblick und ist im Ganzen anspruchsvoller
geworden.
Deswegen blicke ich so sehnsüchtig zurück auf die Zeit, als
ich alles zum ersten Mal gelesen habe. Man war so unbedarft und sog alles wie
ein Schwamm auf und war viel leichter zu begeistern. Diese
Begeisterungsfähigkeit vermisse ich heute wohl am meisten.
Immerhin, eins kann man mir nicht nehmen (außer mit einem
Hypnostrahler): die Erinnerung an diese großartige Zeit. Und als haptische Unterstützung
lagern die Hefte in meinem Keller, wo ich sie jederzeit hervorkramen und drin
blättern kann, um zu sagen „weißte noch damals, als Perry auf BULLOCs Spuren
war und die Konzepte den Planeten der Feuerflieger zerschnitten, um ein neues
Wanderer draus zu machen…hach, war das schön….“